Bericht Ostern 2007
(Autor: Philipp Herzog)
Ist nun die Europa-Euphorie in Rumänien ausgebrochen?
Diese Frage stellten wir uns, als Andy Weller und ich in der Karwoche in unsere Patengemeinde Meschendorf reisten. Und, ach wie erfreulich, unser erster Eindruck im Dorf war erstaunlich positiv. Die Menschen wirkten aufgestellter, motivierter und waren weniger krank als in den anderen Jahren, wenn wir sie vor Ostern besuchten. Doch es zeigte sich sehr bald, dass es nicht der Beitritt zur EU war, sondern der milde Winter und das freundliche Frühlingswetter die dafür sorgten, dass alles ein bisschen positiv wirkte. Nein, die EU-Euphorie sei schnell verflogen meinten die Meisten auf unsere Anfrage. Der Beitritt habe bisher nur in Bukarest etwas gebracht, dort würde gebaut und investiert. Aber hier auf dem Lande seien nur die Preise für alles gestiegen und die Gesetze seien gerade in der Landwirtschaft sehr streng geworden. Die Milch dürften sie nur noch bis Herbst verkaufen, dann sei für all jene Schluss, die nicht die EU-Richtlinien erfüllen. Auch dürften sie kein Schwein oder Lamm mehr selber schlachten, sondern müssten damit ins Schlachthaus, was aber viel zu teuer sei. Sie wissen nicht, wovon sie in Zukunft noch leben sollen. Die Landwirtschaft welche sie seit Generationen betreiben, wird ihnen durch den EU-Beitritt nun verunmöglicht und Arbeitsplätze gibt es auf dem Land nach wie vor nur sehr wenige. Glücklicherweise sei wenigstens der Winter nicht so streng gewesen, so seien weniger Menschen und Tiere krank geworden. Auch Holz habe man nicht so viel verfeuern müssen und vor allem weniger Strom gebraucht, der ja so teuer ist. Und weil der Frühling viel früher kam als sonst, könne man jetzt bereits den Boden bestellen. Doch an die Zukunft - nein daran mochte keiner zu denken! Natürlich freuten sich die Meschendorfer darüber, dass sie noch einmal einen Patenbatzen von Ihren Paten aus Muttenz bekamen. Ich erklärte ihnen aber auch, dass dies das letzte Mal gewesen sei, dass alle in dieser Form Geld bekommen hätten. In Zukunft würden wohl nur noch diejenigen etwas bekommen, die einen besonderen Kontakt zu ihren Muttenzer-Paten pflegten. Gleichzeitig versprach ich aber auch, dass wir noch mindestens 2 Jahre kommen würden und den Kranken- und Härtefonds bis dahin weiterführen würden. Dies ist auch dringend notwendig, mussten wir doch auch in diesem Winter wieder 45 Familien helfen ihre Spital- oder Arztrechnung zu bezahlen, wofür wir 4110 Euro ausgaben. Besonders tragische Fälle waren z.B. ein 14 jähriges Mädchen mit Leukämie. Wie es aussieht, konnten wir ihr, mit den insgesamt 1000 Euro welche wir in den letzten 8 Monaten für sie bezahlt haben, das Leben retten. Sie war wieder zuhause und zeigte sich sehr dankbar. Leider keine Rettung gab es für die Mutter einer 5-köpfigen Familie, welche an Krebs verstarb. Noch Hoffnung besteht jedoch für ihr 3 jähriges Kind, welches am selben Krebs erkrankt ist. Doch damit nicht genug Elend für diese Familie! Der älteste Sohn (7 Jahre alt) leidet an Meningitis in fortgeschrittenem Stadium, ist schwerstbehindert, liegt den ganzen Tag im Bett in der armseligen Hütte und muss gefüttert werden. Respekt, wie der allein erziehende Vater die Situation mit den 3 Kindern, wovon 2 schwer krank sind, meistert. Diese Familie wollen wir noch so lange als möglich finanziell unterstützen um die Medikamente und Spitalaufenthalte der Kinder zu bezahlen. Hilfe zur Selbsthilfe steht im Vordergrund der Renovations-Projekte, mit welchen wir vor 2 Jahren angefangen haben. 34 Familien bekamen einen Zustupf zwischen 50 und 100 Euro für die Renovation ihrer maroden Häuser. Mit dieser Direkthilfe zur Förderung der Eigeninitiative, haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir kontrollierten jeweils mit Fotos, was mit dem erhaltenen Geld gebaut wurde und wenn sichtbar ist, dass wirklich renoviert wurde gibt es wieder etwas zum weiterbauen. Wer das Geld anderweitig verbraucht hat, geht leer aus. Für dieses Projekt haben wir 1650 Euro gebraucht. Die offiziellen Muttenzer Projekte werden immer weniger. Die Wasserversorgung, die Feuerwehr, die Schule und der Kindergarten, sowie einer der beiden Schulbusse wurde in die Obhut des Staates übergeben. Wir selber betreiben, nebst den oben erwähnten Fonds, noch den Ausbildungsfonds, mit welchem 8 Jugendlichen nach der obligatorischen Schulzeit eine Ausbildung ermöglicht wird. Weiter finanzieren wir noch einen der beiden Schulbusse zur Hälfte und natürlich gibt es noch die Mikroferm und die Pension "Muttenz". Bei der Mikroferm hat sich glücklicherweise ein in Rumänien lebender Engländer gefunden, der bereit ist in die Ferm zu investieren, denn nur dann kann sie mit den strengen EU-Vorschriften weitergeführt werden. Das Stallinnere muss renoviert werden, eine separate Melkstation ausserhalb des Stalles mit direkter Leitung zu den Milchtanks muss gebaut und ein Futtersilo erstellt werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf ca. 100'000 Euro. Die Hälfte davon wird von der EU übernommen, vom Rest übernimmt der neue Investor 30'000 Euro und der bisherige Ferm-Leiter 20'000 Euro. Wir werden bemüht sein, ihn dabei zu unterstützen. Die Pension "Muttenz" befindet sich in tadellosem Zustand. Die Nachbarn der Pension, welche als Hausmeister fungieren, haben mich gebeten, alle Muttenzer aufzufordern Meschendorf zu besuchen und ihre Gastfreundschaft zu erfahren. Im 2006 verzeichnete die Pension 30 Übernachtungen aus 4 verschiedenen Ländern. Im 2007 dürfen es ruhig etwas mehr sein. Melden Sie sich bei mir, wenn Sie Rumänien besuchen wollen, es lohnt sich! Auch in Meschendorf fällt einem der Unterschied zwischen arm und "reich" immer mehr auf. Da sind die, die -nicht zuletzt dank unserer Hilfe- etwas besser leben und die, die nach wie vor sehr arm sind. Die Meisten hausen noch immer unter erbärmlichen Umständen in ihren einfachen Hütten und leben von der Hand in den Mund. Sie haben viele Kinder, mit ihren 1-2 Kühen kaum ein Einkommen und keine Schulbildung. Ich weiss nicht, wie diesen Leuten wirklich zu helfen wäre und kann mir nicht vorstellen, dass ihre Zukunft und die ihrer Kinder rosig aussieht - trotz EU. Diejenigen, welche in den letzten Jahren bemüht waren Neues zu lernen, Risiken einzugehen und zu arbeiten, können davon heute recht gut leben. Da sind z.B. die zwei Frauen denen wir die Ausbildung zur Lehrerin, resp. Kindergärtnerin mitfinanziert haben und die heute eine Anstellung haben. Oder die beiden Schulbus-Chauffeure, die einen bleibenden Job haben. Mit Krediten für Ziegen, Bienen, einem Traktor und natürlich der Mikroferm, haben wir im Laufe der Jahre 12 weiteren Familien ein regelmässiges Einkommen ermöglicht. Wir können also stolz auf unsere Arbeit sein, denn wir konnten rund 20% der Meschendorfer Familien eine Zukunft geben und haben vieles im Dorf bewegt. Wie bereits erwähnt, möchten wir die wichtigsten Aufgaben, nämlich den Kranken-und Härtefonds noch mindestens 2 Jahre weiterführen. Wir sind darum auch weiterhin dankbar für jede Spende und werden auch am Muttenzer Markt weiter präsent sein. Selbstverständlich werde ich Sie auch weiterhin über die Ereignisse in Meschendorf regelmässig informieren. Wir bitten Sie darum höflich, unser PC-Konto Nr. 40-2498-6 bei Ihrer nächsten Spende zu berücksichtigen. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und Unterstützung, Philipp Herzog.
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