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Reisebericht Juni 2012

(Autor: Werner Durach)

Auf Rumänientour und zu Besuch in Meschendorf mit Philipp Herzog, 9. bis 16. Juni 2012

Es war wieder einmal soweit; Philipp Herzog lud zu einer Reise nach Rumänien ein. Rasch waren die 18 Plätze ausgebucht und am Sa. 9. Juni starteten Muttenzer und einige Zugewandte bei eher kühlen Temperaturen per Flug  gen Osten. In Bukarest bei 33 Grad "wärmstens" empfangen, ging es per Car unmittelbar weiter quer durch die Walachei, der am Südrand der Karpaten gelegene Tiefebene, mit  Ziel der Region Moldau. Hier in dieser Gegend, eingeklemmt zwischen den Ostkarpaten und Moldawien, liegen die berühmten, zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Klöster, denen unser besonderes Interesse galt:  Agapia (grösstes Frauenkloster Europas, noch in Betrieb), Kloster Voronet und Kloster Moldovita, beide eindrücklich mit ihren von Blautönen dominierten Aussenfresken, die, die Geschichte Christi, aber auch Konstantinopels darstellen. Speziell auch der moldauische Baustil mit nur schmalem Längsschiff, dominant herausgezogenem Dach und dem achteckigen Kuppelturm.
Auf dem Weg zu diesen klösterlichen Spuren gerieten wir immer mehr in die wunderbare, von Wald dominierte Region der Ostkarpaten, die mancherorts an die Voralpen erinnerte. Unser zweiter Reiseschwerpunkt, nämlich Meschendorf, forderte von uns nun, den Weg zurück  in den Süden zu nehmen. Durch die Schluchten von Bicaz via Pietra Neamt gelangten wir in die Südsiebenbürgische Region zum mittelalterlichen Brasov (Kronstadt). Brasov ist Universitätsstadt; dank EU-Geldern prächtig herausgeputzt und berühmt durch die Orgelkonzerte in der Schwarzen Kirche aus dem 14. Jahrhundert. Direkt hinter Brasov steigt die Strasse passartig an auf eine Hochterrasse in das Skigebiet von Poiana Brasov.  Während die Stadt unten bei 33 Grad schmorrte, verbrachten wir eine erfrischende Nacht in kühler Bergluft auf ca. 1200 ü.M.
Auf dem Weg zu unserem wichtigsten Reiseziel Meschendorf liegt in Bran das weltberühmte Draculaschloss. Wir nahmen uns 1 ½  Std. Zeit in den Gemächern und Verliessen herumzuklettern; der walachische Fürst war im 15. Jahrhundert  immerhin bemüht den osmanischen Heeren hin und wieder auf brutale und blutrünstige Art entgegenzuhalten .
Durch sanftgewellte sattgrüne Landschaft, bei prächtigstem Sonnenschein rollte nun unsere Bus am späteren Nachmittag des 13. Juni gegen Meschendorf. Den letzten Meter Asphalt verlassend, nach rechts über die kleine Holzbrücke geht es den leicht ansteigenden Schotterweg hoch, vorbei an den zeilenartig aneinandergereihten Häuschen; auf der Höhe der Pension "Muttenz" hält unser Gefährt: Und da stehen sie, die Meschendorfer: Gross und Klein, Roma , Dorfältester usw.usw. Das war für uns Muttenzer ein emotional starker Moment und man beginnt Philipp Herzog zubegreifen ! Der muntere Gesang der Schulkinder hallte uns entgegen und mit selbstgebackenen Süssigkeiten, Mineralwasser oder Schnaps wurde das langersehnte Wiedersehen gefeiert. Philipp Herzog hatte vorweg die Reiseteilnehmer  verschiedenen Gastfamilien zugteilt bei denen man nun seine Herberge fand. Am Abend trafen sich Muttenzer und Meschendorfer erneut im Gemeinschaftszentrum, um das, von den emsigen"Meschendorferinnen" zubereitete Nachtessen; Nudelsuppe, Krautwickel = Sarmale, Poulet und als Dessert feinster Marmorkuchen mit Nüssen, zu geniessen. Bis weit in die Nacht hinein herrschte eine fröhliche, von viel Gesang begleitete Stimmung. Anderntags,   beim Verteilen der Mitbringsel während des Dorfrundgangs boten sich uns Besuchern enorme Kontraste; man staunt unter welchen Bedingungen ein Grossteil der Bevölkerung ihr Dasein fristet:  Von  9 Personen in einer Hütte mit 2 Betten bis hin zu Häusern im Dauerrohbau, aber immerhin mit bescheidenen san. Installationen trifft man  alles. Ganz schlimm die Daseinsformen der meisten  Romas. Bedrückend auch die medizinischen Einzelschicksale, die praktisch nur Dank Muttenzer Hilfe bewältigt, sprich bezahlt werden können ! Hingegen Glanzpunkte sind das Schulhaus mitsamt seiner Ausrüstung und den engagierten Lehrerinnen. Auch die von Muttenz initiierte Bioferm funktioniert gut.
Nachmittags brachte uns unser Bus ins ca. 20 km entfernte Nachbardorf Radeln. Hier besuchten wir, die von Schlagerstar Peter Maffay neu aufgegleiste Ferienanlage für psychisch angeschlagene Kinder; eine schöne Anlage, z.Z. ohne Feriengäste, etwas abgehoben über dem darunter in der Ebene liegenden ärmlichen Dorf.
Nur allzu rasch verstrich die Zeit mit den herzlichen und engagierten Gastfamilien. Der schwierige Moment des Abschieds nahte: Die Muttenzer  bestiegen ihren Bus mit etwelcher Zuladung, d.h. Nüssen, Honig und Schnaps.  Das sind unverfälschte Meschendorfer Produkte, die anlässlich des Muttenzer Dorfmarktes am 21. November 2012  am Meschendorfer-Stand verkauft werden und vom Erlös profitiert wieder unsere Patengemeinde. Aber aufgepasst, da bleibt vor Ort noch vieles zu tun und unser Hilfe ist nach wie vor nötig!
Weil es am Weg zurück nach Bukarest lag, fuhren wir dem Südkarpatenrand folgend nach Sinaia. Hier erbauten die Hohenzollern in üppigem Stil ihre Sommerresidenz, das Schloss Peles. Seinem Grössenwahn folgend nutzte Ceausescu zu seiner Zeit den Prunkbau als Jagdschloss!
Bukarest, auch als Paris des Ostens bezeichnet, bietet im Vergleich zu den Städten in der Provinz, von den ländlichen Gegenden gar nicht zu sprechen, totales Kontrastprogramm: Teure Autos, gestylte  Menschen, wie üblich in jeder Hauptstadt die bekannten Markenläden und in den Seitengassen stark belegt Essmeilen; die EU lässt grüssen! Auch das ist offenbar Rumänien! Die auch von unserer kompetenten Reiseleiterin Gabi geführte Stadtrundfahrt, am Samstagmorgen, zeigte uns anhand der schönen Gebäude (Athenäum, altes Regierungsgebäude etc.), dass im 18./19. bis anfangs 20. Jahrhundert Rumänien ein wohlhabender Staat war. Die Sicht auf den gestört gigantischen Regierungsbau Ceausescus einerseits und auf den Palast, von wo die Bergarbeiter 1989 den Diktator vertrieben, lässt einem erahnen, welche Wechselbäder Rumänien bis heute durchlebt hat. Eine gut organisierte Reise mit einem weitgefassten Themenspektrum ging zu Ende: Rumänien und Meschendorf sind eine Reise wert!