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24.03.2023
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Reisebericht Ostern 2022

(Autor: Philipp Herzog)

Eine abenteuerliche Osterreise nach Meschendorf

Ich machte mir schon einige Gedanken vor Antritt meiner Reise nach Rumänien. Was erwartet mich bezüglich Corona und was betreffend dem Krieg im Nachbarland Ukraine? Das Wichtigste gleich am Anfang. Auflagen bezüglich Corona gab es weder auf dem Flug, noch in Rumänien selbst. Auch vom Ukraine Krieg merkt man in Rumänien kaum etwas, ausser dass auffällig viele Autos mit UK Nummern unterwegs sind. Und dies, obwohl über 600'000 UkrainerInnen ihr Land über Rumänien verlassen haben. Nur die Wenigsten sind in Rumänien geblieben, die Allermeisten sind Richtung Westen weitergezogen. Ich habe mit einigen Rumänen über den Krieg in der Ukraine gesprochen. Alle verurteilen das Verhalten Russlands und sie machen sich grosse Sorgen, dass sich die Sache auf Moldawien und wo möglich auch auf ihr Land ausweiten könnte.

In Meschendorf selbst haben die Leute ganz andere Probleme. Wie immer nach dem Winter sind die Reserven an Kraft, Energie, Lebensmittel- und Holzvorräten aufgebraucht. Entsprechend froh und dankbar waren die Menschen über den Batzen aus der Schweiz. Alle Paten-Couverts konnte ich auf meiner Tour von Haus zu Haus persönlich überbringen und dort, wo es keine Patenschaften in Muttenz mehr gibt, konnte ich pro Familie 100 Euro aus dem Spendenfonds übergeben. Die Freude über unsere Hilfe war, wie gesagt, sehr gross. Mit dem Geld können die Menschen endlich wieder Lebensmittel und Brennholz kaufen, was enorm wichtig ist. Denn noch immer ist es sehr kalt in Meschendorf. Nachts fiel das Thermometer auf minus 8 Grad. Ich selber war ja in einem Zimmer mit einem Kachelofen untergebracht, aber wie überleben das die vielen Menschen, teilweise mit kleinen Kindern, welche nur einen Metallofen oder ein altes Fass zum Heizen haben?

Ich habe mit vielen Leuten über ihre aktuelle Situation gesprochen. Es gibt inzwischen zwar immerhin 7 Arbeitsplätze auf unserer Microferm und 6 weitere an verschiedenen anderen Orten im Dorf (Lehrerin, Kindergärtnerin, Postfrau etc.). Zusätzlich gehen rund 20 Leute aus Meschendorf in eine 30 km entfernte Fabrik zur Arbeit. Dort hat Hyundai ein Werk zur Herstellung von Airbags aufgebaut und sie holen die Leute aus der Umgebung mit Bussen zur Arbeit ab. Doch die Löhne sind das Problem. In die Hand bekommen die Arbeiter durchschnittlich 400 Euro pro Monat, was für das Leben auch in Meschendorf einfach zu wenig ist. Allein für Strom bezahlen sie 50-80 Euro, zusätzlich kommen die Kosten für Brennholz, Lebensmittel, Kleider, Schuhe etc. dazu. Da sind die Reserven schnell aufgebraucht. Wer keine Arbeit findet, wird vom Staat mit ca. 150 Euro Sozialhilfe unterstützt. Die Alten erhalten rund 200 Euro Rente pro Monat! Viele versuchen ihr Glück in Deutschland oder Italien, wo sie auf Spargel- Erdbeer- oder Zitrusplantagen arbeiten. Die Arbeit ist sehr hart, dauert von morgens um 6 Uhr bis abends um 19 Uhr und von den rund 1000 Euro, welche ihnen versprochen wurden bleibt nach Abzug für die Reise, die Unterkunft und die Verpflegung auch nur noch rund 400-500 Euro übrig!

So lässt sich der Kreislauf der Armut kaum durchbrechen. Entsprechend wichtig sind unsere Fonds für die Menschen in Meschendorf. 

Wer krank wird oder einen Unfall hatte und zum Arzt oder ins Spital muss, kann diese Kosten kaum tragen. Der Krankenfond aus Muttenz hilft hier in der Not. Auch den grösseren Kindern helfen wir, mit dem Schulbus regelmässig in die 15 km entfernte Schule zu kommen. Wir übernehmen die Hälfte der Abonnementskosten, wofür die Eltern und Kinder sehr dankbar sind. Von verschiedenen Seiten erhielt ich rührende Briefchen von Kindern, welche sich damit bei den Muttenzern bedankten. Auch die 7 Jugendlichen, welche nach der obligatorischen Schulzeit eine Ausbildung oder ein Studium machen, erhalten monatlich 50 Euro an die Kosten, welche für die Schule, die Übernachtung und die Kleider entstehen. Ohne diese Hilfe wäre es den Meisten nicht möglich ein Studium zu absolvieren.

Die grösste und finanziell aufwendigste Aufgabe zur Zeit ist aber das Haus-Renovations-Projekt. Viele Häuser sind in extrem schlechtem Zustand und wir sind seit 3 Jahren dabei, deren Renovation zu finanzieren. Ob undichte Dächer, defekte Türen und Fenster, Mauern welche einstürzten oder Öfen welche kaputt sind. Die Meschendorfer können ihre Projektvorschläge eingeben und nach entsprechender Prüfung bewilligen wir deren Finanzierung. Schon an 45 Häusern, mit einer Investitionssumme von über 40'000 Franken wurden so gearbeitet. Weitere sollen noch folgen, wenn das Geld dazu reicht.

Sehr erfreulich ist auch, dass es ein neues Engagement im Dorf gibt. Eine Frau, welche die ersten 7 Jahre ihres Lebens in Meschendorf aufgewachsen und Anfang der 80iger Jahre mit ihren Eltern nach Deutschland ausgewandert ist, engagiert sich nun, 50 Jahre später für die Kinder in Meschendorf. Sie hat zusammen mit der Lehrerin ein «After School-Projekt» initiiert, wo die Kinder nach dem Unterricht betreute Aufgabenhilfe erhalten und zusammen spielen und basteln können. Ein sehr sinnvolles Projekt, denn Zuhause erhalten die Kinder kaum Unterstützung beim Lernen. Abschliessend möchte ich betonen, dass die Meschendorfer sehr froh sind, dass wir sie trotz des Ukraine-Krieges nicht vergessen haben. Sie hatten grosse Angst, dass wir nicht mehr kommen würden, das haben sie immer wieder betont.

Nicht zuletzt um ihnen zu zeigen, dass wir sie nicht im Stich lassen, werden wir unsere Patengemeinde im August noch einmal als Gruppe aus der Schweiz besuchen. Dann ist die definitiv letzte Gruppenreise nach Rumänien, mit einem Besuch in Meschendorf geplant. Diese Reise, welche vom 13. – 20. August 2022 stattfindet, wird uns nur durch Transsilvanien/Siebenbürgen führen. Eine wunderschöne Gegend mit vielen interessanten Sehenswürdigkeiten und alten Städten. Dadurch, dass wir uns auf Siebenbürgen beschränken, sind auch die Fahrtzeiten im Bus viel kürzer und wir kommen nicht zu nahe an die Ukrainische Grenze. Wenn auch Sie an dieser ganz speziellen und wie gesagt letzten Gruppenreise teilnehmen möchten, melden Sie sich doch bitte raschmöglich bei mir.

Nun bleibt mir nur einmal mehr, mich bei Ihnen für Ihr langes und grosses Engagement für Meschendorf zu bedanken. Ich mache weiter, hoffentlich bleiben auch Sie noch dabei!

Mit lieben Grüssen, Philipp Herzog 

Aktion pro Meschendorf Rumänien
Postcheck Nr. 40-24798